Mikromobilität in Deutschland

Da wir immer wieder Anfragen aus Deutschland erhalten hier eine kleine Übersicht der aktuellen Gesetzeslage:

Wenn wir über Mikromobilität sprechen, sprechen wir über kleinere Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb, wie z.B. elektrische Tretroller und Segways. Diese werden unter dem Oberbegriff „Elektrokleinstfahrzeuge“ zusammengefasst.

Diese Fahrzeuge sind batteriebetrieben und somit emissionsfrei. Die Besonderheit einer Vielzahl dieser Fahrzeuge liegt zudem in ihren meist kleinen Ausmaßen und ihrem geringen Gewicht, wodurch sie falt- und tragbar ausgestaltet sein können. Diese Eigenschaften ermöglichen den Nutzern die Mitnahme der Fahrzeuge, weshalb diese einen besonderen Mehrwert zur Verknüpfung unterschiedlicher Transportmittel und zur Überbrückung insbesondere kurzer Distanzen (sogenannte „Letzte-Meile-Mobilität“) darstellen.

Mit Inkrafttreten der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung am 15.06.2019, wurden die Voraussetzungen geschaffen, damit Elektrokleinstfahrzeuge mit Lenk- oder Haltestange am Straßenverkehr teilnehmen können. Einen Link zur Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung finden Sie unter hier:

Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr

Zusätzlich wurde auf der Internetseite des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) eine Liste der erteilten Allgemeinen Betriebserlaubnisse für Elektrokleinstfahrzeuge veröffentlicht:

Allgemeine Betriebserlaubs (ABE) für Fahrzeuge gemäß der Verordnung über die Teilname von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr (Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung – eKFV)

Damit wollen wir neue Wege moderner, umweltfreundlicher und sauberer Mobilität in unseren Städten ermöglichen – und sorgen gleichzeitig für Sicherheit auf unseren Straßen.

Nachstehend finden Sie die wichtigsten Fragen und Antworten zu Thema „Elektrokleinstfahrzeuge“:

Warum ist eine nationale Regelung zu Elektrokleinstfahrzeugen erforderlich?

Auf europäischer Ebene gilt seit Januar 2016 die neue Typgenehmigungsverordnung (EU) Nr. 168/2013 für 2-, 3- oder 4-rädrige Fahrzeuge. Diese schließt selbstbalancierende Fahrzeuge und Fahrzeuge ohne Sitz ausdrücklich von ihrem Anwendungsbereich aus.

In Deutschland konnten bisher nur bestimmte selbstbalancierende Mobilitätshilfen – z. B. sogenannte „Segways“ – über die Mobilitätshilfenverordnung (MobHV) im öffentlichen Straßenverkehr genutzt werden. Daher hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung erarbeitet, um Elektrokleinstfahrzeugen typunabhängig die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr zu ermöglichen.

Was sind die Eckpunkte der neuen Regelung?

Es werden Elektrokleinstfahrzeuge am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen dürfen, die die folgenden Merkmale aufweisen:

  • Lenk- oder Haltestange,
  • 6 km/h bis max. 20 km/h bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit,
  • Leistungsbegrenzung auf 500 Watt (1400 Watt bei selbstbalancierenden Fahrzeugen),
  • verkehrssicherheitsrechtliche Mindestanforderungen (u.a. im Bereich der Brems- und Lichtsysteme, der Fahrdynamik und elektrischen Sicherheit).

Wo darf ich mit Kleinstfahrzeugen fahren?

Sofern ein baulich angelegter Radweg oder ein Radfahrstreifen vorhanden ist, müssen Elektrokleinstfahrzeuge diesen benutzen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Radverkehrsanlage für Rad Fahrende benutzungspflichtig ist oder nicht. Insofern unterscheiden sich hier die straßenverkehrsrechtlichen Regelungen für Fahrräder und Elektrokleinstfahrzeuge. Wenn baulich angelegte Radwege oder Radfahrstreifen fehlen, darf mit Elektrokleinstfahrzeugen auch die Fahrbahn und außerorts auch Seitenstreifen genutzt werden.

Brauche ich einen Führerschein?

Nein. Es besteht keine Führerscheinpflicht bzw. Pflicht zur Vorlage einer Mofa-Prüfbescheinigung.

Wie alt muss ich sein?

Elektrokleinstfahrzeuge können ab einem Alter von 14 Jahren genutzt werden.

Muss ich mein Elektrokleinstfahrzeug versichern?

Ja. Elektrokleinstfahrzeuge sind Kraftfahrzeuge und somit versicherungspflichtig. Wegen der kleinen Ausmaße und der Besonderheiten in der baulichen Ausführung ist für diese Fahrzeuge eine kleine Versicherungsplakette zum Aufkleben eingeführt worden.

Wo ist der Unterschied zwischen den Elektrokleinstfahrzeugen und den Pedelecs, S-Pedelecs und Leichtmofas?

Beim Pedelec handelt es sich um ein Fahrzeug mit einem Elektro-Hilfsantrieb, dessen Unterstützung sich mit zunehmender Geschwindigkeit progressiv verringert. Das heißt, sobald eine Geschwindigkeit von 25 km/h erreicht wird oder der Fahrende mit dem Treten aufhört, wird der Hilfsantrieb automatisch unterbrochen. Das Unterscheidungsmerkmal eines Pedelecs ist somit, dass der elektrische Motor zusätzlich zur Muskelkraft und nur unterstützend wirkt. Solche Fahrzeuge sind verkehrsrechtlich den Fahrrädern gleichgestellt.

Bei sogenannten S-Pedelecs handelt es sich um Kraftfahrzeuge mit Elektro-Hilfsantrieb, die bei kombiniertem Einsatz von Muskel- und Motorkraft eine Geschwindigkeit von bis zu 45 km/h erreichen und werden daher als Kleinkraftrad eingestuft. Es gilt Helm-, Führerschein-, Versicherungs- und Straßenbenutzungspflicht.

Elektrokleinstfahrzeuge sind in diesem Sinne eine neue Klasse von Fahrzeugen, da sie ausschließlich durch den elektrischen Motor angetrieben werden.

Wie verhält es sich mit Elektrokleinstfahrzeugen, die schneller als 20 km/h fahren können?

Die Zulassung solcher Fahrzeuge zum öffentlichen Straßenverkehr ist derzeit nicht vorgesehen.

Welche Regelungen gelten für Elektrokleinstfahrzeuge im EU-Ausland?

Da es keinen einheitlichen europäischen Rahmen gibt, variieren die Anforderungen an Elektrokleinstfahrzeuge zwischen verschiedenen EU-Ländern. Einzelne Länder haben die Nutzung von Elektrokleinstfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr nicht geregelt oder auch gänzlich ausgeschlossen. In der Mehrzahl der Länder gibt es jedoch Regelungen hierzu. Meist ist eine Geschwindigkeitsbegrenzung für Elektrokleinstfahrzeuge auf 20 bis 25 km/h vorgesehen. Auch in Bezug auf zulässige Verkehrsflächen gibt es unterschiedliche Lösungsansätze.

Anmerkung: In Österreich gelten alle diese Bestimmungen nicht bzw. sind völlig anders geregelt! D.h. anstatt einheitliche Gesetze innerhalb der EU zu schaffen werden hier auf nationaler Ebene völlig unterschiedliche Regelungen getroffen.

Was gilt für bisher zugelassene Elektrokleinstfahrzeuge (z.B. Segways)?

Die Mobilitätshilfenverordnung (MobHV) ist durch die neue Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung abgelöst worden. Die danach erteilten Genehmigungen behalten jedoch ihre Gültigkeit. Seit Inkrafttreten der neuen Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung werden die darin enthaltenen Regelungen auch für die bereits zugelassenen Fahrzeuge angewendet.

Können Fahrzeuge, die bereits zum Kauf angeboten werden, aber nicht die Anforderungen der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung erfüllen, nachgerüstet werden?

Ja.

Nach Inkrafttreten der Verordnung können die Hersteller für Fahrzeuge, die die Anforderungen der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung erfüllen, beim Kraftfahrt-Bundesamt eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) beantragen.

Bereits in den Handel gebrachte Fahrzeuge, die der Verordnung nicht entsprechen, können durch den Hersteller nachgerüstet werden, damit diese den Anforderungen der neuen Verordnung entsprechen.

Fahrzeuge, die der Verordnung entsprechen, aber nicht vom Hersteller mit einer nachträglichen Allgemeinen Betriebserlaubnis versehen werden, können auch vom jeweiligen Besitzer über eine Einzelbetriebserlaubnis in den Verkehr gebracht werden, sofern die entsprechenden technischen Anforderungen erfüllt werden.

Können Elektrokleinstfahrzeuge im ÖPNV mitgenommen werden?

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur befürwortet die Mitnahme von Elektrokleinstfahrzeugen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), kann dazu allerdings nicht verpflichten.

Grundsätzlich richtet sich die Mitnahme im ÖPNV nach den Vorschriften zur Beförderung von Sachen. Details können § 11 der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen (BefBedV) bzw. ggf. den Besonderen Beförderungsbedingungen des jeweiligen Verkehrsunternehmens entnommen werden. Auch hinsichtlich der Beförderung durch Eisenbahnverkehrsunternehmen können Regelungen zur Mitnahme ggf. den jeweiligen Beförderungsbedingungen des Unternehmens entnommen werden. Die Sicherheit und Ordnung des Betriebes dürfen durch die Mitnahme nicht gefährdet und andere Fahrgäste nicht belästigt werden.

Sind die anderen Verkehrsteilnehmer sicher?

Die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung ist eine ausgewogene Lösung zwischen der Einführung neuer Mobilitätsformen einerseits und der Gewährleistung der Verkehrssicherheit andererseits. Dies betrifft alle Verkehrsteilnehmer. Zusätzlich wird die Umsetzung der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung durch die Bundesanstalt für Straßenwesen wissenschaftlich begleitet und evaluiert.

Dürfen Elektrokleinstfahrzeuge mit ausgeschaltenem Motor auf dem Gehweg genutzt werden?

Nein, auch wenn der Motor ausgeschaltet wird, darf nur auf den vorgesehenen Verkehrsflächen gefahren werden. Es ist nicht möglich, während des Betriebs eines Fahrzeugs die Fahrzeugart zu wechseln, beispielsweise durch das Ausschalten des Motors.

Darf ich unter Alkoholeinfluss ein Elektrokleinstfahrzeug fahren?

Auch für Elektrokleinstfahrzeuge gilt die 0,5-Promille-Grenze gemäß § 24a des Straßenverkehrsgesetzes. Allerdings macht man sich auch schon ab 0,3-Promille strafbar, wenn man unter Alkoholeinfluss nicht mehr in der Lage ist, sicher am Straßenverkehr teilzunehmen. Für unter 21-jährige und Führerschein-Neulinge in der Probezeit gilt auch hier die Null-Promille-Grenze. Es gelten die einschlägigen Straf- und Bußgeldregelungen zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr. Zum Beispiel kann bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,5-Promille bereits ein Bußgeld von 500 € sowie ein Fahrverbot von 1 Monat verhängt werden. Darüber hinaus werden 2 Punkte im Fahreignungsregister eingetragen.

Was ist noch verboten?

Unter anderem sind die Mitnahme von Personen und Gegenständen auf dem Trittbrett, die Nutzung von Gehwegen und Fußgängerzonen, das Anhängen an andere Fahrzeuge sowie Behinderungen und Gefährdungen untersagt. Es gelten darüber hinaus auch die allgemeinen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, insbesondere das Gebot der ständigen Vorsicht und gegenseitigen Rücksichtnahme.

Quelle: Deutsches Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur